Bergischer Naturschutzverein e.V. − Natur- und Umweltschutz in Ihrer Nachbarschaft

„Alte Hüte endlich aufgeben“

RBN-Pressemitteilung vom 29.12.2014

Anerkannter Naturschutzverband nach § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz und nach § 63 Bundesnaturschutzgesetz als Mitglied der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) NRW e.V.

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Absender: Mark vom Hofe
Vorsitzender
02. Dezember 2014

„Alte Hüte endlich aufgeben“
RBN erneuert Protest gegen Autobahnzubringer und Gewerbegebiete

Mit Sorge und Unverständnis sieht der (Rheinisch)-Bergische Naturschutzverein (RBN) die bei einer Veranstaltung der IHK geäußerte Forderung, Bergisch Gladbachs Verkehrssituation durch eine Autobahnanbindung über den Bahndamm zu verbessern. Weiterhin lehnt der RBN die Neuausweisung von Gewerbegebieten zu Lasten von Wald oder offener Landschaft strikt ab.

 

Für den RBN, der im Frühsommer ein Gutachten des Landesbüros der Naturschutzverbände vorlegte, in dem die Unvereinbarkeit der Bahntrasse mit den Aspekten des Arten- und Naturschutzes belegt wurde, steht fest: „Die Bahndammvariante ist als Eingriff in den bedeutsamen Grünzug zwischen Refrath, Lückerath und der Hardt nicht ausgleichbar, das haben die Experten, die der Landesbetrieb Straßen beauftragt hat, indirekt bestätigt“, sagt RBN-Vorsitzender Mark vom Hofe. Indirekt insofern, als sie keine Gewähr dafür übernehmen könnten, dass die Lebensräume seltener Vogel- und Fledermausarten in unmittelbarer Nähe neu geschaffen werden könnten und dass die Tiere „die Umsiedlung“ auch annähmen bzw. überlebten. Diese Lebensräume im dicht besiedelten Bergisch Gladbach aber gäbe es einfach nicht, gerade deshalb hätten die Tiere ja in der grünen Achse zwischen Gierather Wald/Schluchterheide/Hardt ihr Habitat.

Der (Rheinisch)-Bergische Naturschutzverein, mit 800 Mitgliedern der größte Naturschutzverband im rechtsrheinischen Bereich, macht eine über Jahrzehnte verfehlte Stadtplanung für die Engpässe verantwortlich. „Eine Stadt, die sich als Stadt im Grünen gerne präsentiert und Neubürger lockt, in die großen Eigentumswohnungskomplexe zu ziehen, schielt auf die Einkommensteuer, die erheblich stabiler in der Prognose ist als die Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer, konjunkturabhängig, will die Stadt aber auch einnehmen – eine Sackgasse, in die sich die Stadtplanung begeben hat, weil sie nahezu sämtliche Flächen im Stadtgebiet mit Eigentumswohnungen und Neubausiedlungen zugestellt hat, was zu einem erhöhten Fahrzeugaufkommen führte und was wiederum den LKW-Verkehr behindert, der zu den alteingesessenen Gewerbe- und Industriebetrieben unterwegs ist“, so der RBN.

 

Diese Fehlplanungen der Vergangenheit lassen sich nicht mit neuen die letzten Grünzüge zerschneidenden mindestens vierspurigen Straßen mit meterhohen Lärmschutzwänden und Gewerbegebieten auf der grünen Wiese wie in Voislöhe oder im Wald wie in Lustheide beheben. Diese Zustandsbeschreibung solle die große Koalition aus CDU und SPD sich immer vor Augen führen, wenn sie mit der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans beginne und die alten Hüte wieder neu aufleben ließe.

„Wir als RBN sind zusammen mit den Bürgern im Stadtgebiet wachsam und gehen aufgrund der Aussagen im Kommunalwahlkampf 2014 davon aus, dass Voislöhe überhaupt kein Thema mehr ist und Lustheide – wenn überhaupt – nur in der Kompromissvariante zum Tragen kommt“, stellt RBN-Vorsitzender Mark vom Hofe fest – und fügt hinzu: „Der RBN wird mit den Bürgerinitiativen zusammen im Zweifelsfall über eine Verbandsklage nachdenken; dies trifft ganz besonders auf den Bahndamm zu – bei den jetzt schon absehbaren nicht lösbaren Artenschutzfragen werden wir den Klageweg beschreiten müssen. Deshalb sollte endlich der Mut aufgebracht werden, sich von diesem Klotz zu befreien und das Land nicht länger Zeit und Geld verschwenden zu lassen für eine unsinnige, weil nicht umsetzbare Planung!“

Die Klarstellung zum Jahreswechsel erscheint dem RBN mehr als sinnvoll, nachdem sowohl der vermeintlich Entlastung bringende Autobahnzubringer („Jede neue Straße hat immer noch neuen Verkehr angezogen, eine Binsenweisheit!“) als auch das Gewerbegebiet Voislöhe in Haushaltsreden und Zeitungsinterviews Befürworter findet, die jedoch beide vor den faktischen Realitäten des Natur- und Artenschutzes nebst seiner EU-Gesetzgebung die Augen zumachen und durch ständige Wiederholungen glauben überwinden zu können.

Und noch eins: Nach Bergisch Gladbach ziehen die Menschen, weil sie näher an der Naherholung, an Grünzügen und schnell erreichbaren Wäldern leben wollen. Das Grüne lockt sie an, und da darf es die Planenden nicht verwundern, wenn genau diese Menschen sich um ihren Umzug nach Bergisch Gladbach betrogen fühlen, wenn ihnen in ihre Naherholungs-, Jogging-, Wanderbereichen gewerbliche Ansiedlungen gesetzt werden. Diese bisher geschätzten und von den Planenden gewollten und bewusst stadtplanerisch geförderten Vorzüge können jetzt nicht auf dem unsicheren Altar von Wirtschaftswachstum, Gewerbesteuereinnahmen, vermeintlichen neuen Arbeitsplätzen (die in der Regel eher eine Verlagerung denn eine Neubeschaffung sind und die bei mit jeder Neuerung einhergehenden Rationalisierung in Gefahr sind bzw. abnehmen) geopfert werden.