Das Sterben der Insekten – wehren wir uns gemeinsam dagegen! |
Rheinisch Bergischer Naturschutzverein RBN im Mai 2019
Es waren Naturschützer aus Krefeld vom dortigen Entomologischen Verein, die sich vor über 25 Jahren daran machten vor allem Insektenaufkommen systematisch in Naturschutzgebieten zu untersuchen. Dr. Martin Sorg, der in den 1980er Jahren in der Biologischen Station des RBN angestellt war und den Kontakt zum Verein nie verloren hat, leitet diese Untersuchungen. Unser Vorstandsmitglied Hubert Sumser unterstützt ihn dabei tatkräftig, denn der RBN hat die kritischen Auswirkungen des Artensterbens verstanden und engagiert sich mit Aufklärung, politischem Engagement und in konkreten Projekten (z.B. die Umwandlung einer Streuobstwiese in ein insektenfreundliches Biotop).
In nahezu jeder Stadt in Deutschland soll es summen und brummen. Es ist nicht mehr zu leugnen, dass es zwar immer noch Vögel und Insekten gibt, aber lange nicht mehr in der Menge wie noch vor gar nicht allzu langer Zeit. Erst recht ist die Vielfalt der Tiere im Rückzug.
Die Tatsache, dass die Biomasse der in der Natur und Landschaft lebenden Insekten drastisch abgenommen hat, Studien zeigen um bis zu 75%, wurde erst in den letzten 2 Jahren von den Köpfen der politisch Verantwortlichen in diesem Land verstanden und akzeptiert. Man kann es einfach nicht mehr leugnen, denn ganz objektiv, man muss nur mit offenen Augen auf die insektenfreie Windschutzscheibe schauen oder mit offenen Ohren in die stille Landschaft horchen, es bleibt keinem mehr verborgen.
Seit über einem Jahrzehnt ist auch im Bergischen Land zu beobachten, dass wir über keine stabilen Feldlerchen-, Kiebitz- oder Rebhuhnbestände mehr verfügen. Ein Aufruf des RBN, uns entsprechende Vorkommen im Rheinisch-Bergischen Kreis zu benennen, blieb erfolglos – es sind einfach keine Tiere mehr da. Ein Beispiel: Die letzte Kiebitz-Kolonie in Leichlingen, die in einem Erdbeerfeld zu finden war, ist schon lange weg, es bedurfte nicht mal eines neu geplanten Golfplatzes, denn die Intensivbewirtschaftung für kostengünstige Discounter-Erdbeeren reichte zur Vertreibung aus.
Nun ist ein wahrer Boom in ganz Deutschland ausgebrochen – „helft den Bienen“, lautet die Botschaft. Das fleißige Tierchen hat einen ungeahnten Symbolwert erreicht, Imker erfreuen sich zunehmender Aufmerksamkeit, erreichen Jugendliche und junge Familien. Dabei, so stellen die Naturschützer auch vom RBN fest, geht es der Honigbiene von nahezu allen Insekten noch am besten. Die Honigbiene findet in Gärten und Siedlungen, aber auch an Ortsrändern noch genügend Blühpflanzen, um sie zu bestäuben. Was aber ist mit den Wildbienen? Sind wir uns bewusst, dass sie einen ganz erheblichen Anteil an der Bestäubung tragen? Die Wildbienen sind auf ganz bestimmte Pflanzengesellschaften und Lebensräume angewiesen, von denen es durch den grassierenden Flächenverbrauch und die um sich greifenden Monokulturen in der Landschaft immer weniger gibt. Und ähnlich wie den Wildbienen ergeht es allen Insekten. Und wo es keine Insekten mehr gibt, geht die Nahrungsgrundlage für Vögel verloren. Die Populationen der Vögel brechen zusammen.
Das Grünland ist im Bergischen Land ein prägendes Landschaftsbild, aber leider setzen die Bauern monotones Grünpflanzensaatgut zur maximalen Erzeugung von Viehfutter an. Wie viele der auf dem Grünland wachsenden Pflanzen blühen noch? Vielleicht noch Löwenzahn und Wiesenschaumkraut, falls sie überhaupt zum Blühen kommen und nicht schon vorher dem ersten Silageschnitt zum Opfer fallen. Blühende Blumenwiesen, ein früheres Merkmal der bäuerlichen Landwirtschaft, sind zur absoluten Seltenheit geworden. Wo es sie gibt, sind sie meist an Standorten, die für die heutige Landwirtschaft nur schwer mit großen Maschinen zu bewirtschaften sind. Manchmal findet man blühende Blumenwiesen als Bestandteil des Kulturlandschaftsprogramms – das heißt, für diese Art der Nutzung bekommt der betreffende Landwirt einen finanziellen Ausgleich. Blühende Blumenwiesen reduzieren die Effizienz der Landwirtschaft. Sie bedeuten einen Aufwand, genauso wie Blühstreifen entlang der Feldwege, der Gemeindestraßen, der Ackerraine, ebenso wie Hecken, die die Landschaft gliedern und für Vögel, Insekten und Kleingetier Rückzugs- und Lebensraum sind. Die Blumenwiesen und Hecken mussten im Zuge wegen der Intensivierung der Landwirtschaft durch Maschinen in den vergangenen Jahrzehnten weichen. Jetzt kostet es Überzeugung, Kraft und Geld für Anpflanzung und Unterhalt, wenn sie den Naturhaushalt wieder neu beleben sollen.
Der RBN meint: Diese Aufwertung der Landschaft ist die entscheidende Aufgabe der Zukunft. Es ist wichtig, dass in den Hausgärten viele Menschen wieder ihr Herz für Blühpflanzen entdecken. Der RBN begrüßt dies ausdrücklich und freut sich über jeden Steingarten, der nicht gebaut oder insektenfreundlich zurückgebaut wird. Aber: der dramatische Artenverlust findet außerhalb der städtisch geprägten Besiedlungsgebiete in der freien Landschaft statt.
Der ungehemmte Flächenverbrauch muss beendet werden!
Die gegenwärtige Landesregierung NRW ist beispielsweise nicht mehr bereit, den Flächenverbrauch (Versiegelung der Landschaft) auf nur noch maximal täglich fünf Hektar zu reduzieren, gar diesen Verbrauch netto gen Null zu führen. Gegenwärtig werden täglich neun Hektar pro Tag in NRW verbraucht – Flächen, die nicht mehr zur Verfügung stehen, um Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu erhalten oder für deren Bedürfnisse aufzuwerten.
Es muss ein Ende haben mit dem Einheitsgrün auf den bergischen Wiesen!
Zwei oder drei Grasarten sind dort noch zu finden, und auf den Höhen steht der Mais. Hier muss etwas geschehen, von der EU aus, aber auch vom Land Nordrhein-Westfalen aus.
Viele Bürger in unserer Nachbarschaft haben erkannt, dass etwas getan werden muss. Wir als RBN werden gefragt und sind gefragt. Wir verweisen auf Bayern, wo über eine Million Menschen ein Volksbegehren unterstützt und der Landesregierung gezeigt haben: Wir verlangen von Euch, dass ihr etwas tut. Die Initiative hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, und, nachdem das Volksbegehren erfolgreich war, hat Bayern sich den Gesetzentwurf zu Eigen gemacht. In Bayer passiert also etwas – warum nicht in NRW?
Brauchen auch wir hier ein Volksbegehren? Bestrebungen dazu laufen, und wir als RBN sind bereit mitzumachen und Unterschriften zu sammeln, wenn es dazu kommt. Oder besinnt sich die Landesregierung, dem bayrischen Vorbild zu folgen und initiativ zu werden?
Und ohne Frage: Zeitgleich muss sich die lokale Politik in Bergisch Gladbach, Rösrath, Overath, Kürten und Odenthal ändern!
Es geht um die Artenvielfalt, um das Naturerleben, ganz nah in unserer Heimat. Man muss sich dem Klimawandel stellen und insbesondere auch im kommunalen Umfeld die Vielfalt in der Natur, in der direkten Umgebung erhalten, dem Druck einzelner wirtschaftlicher Interessen widerstehen. Eine immer weitere Ausdehnung der Bebauung führt zum immer weiteren Verlust von Grün- und Freiflächen, zu einer weiteren Vernichtung des Lebensraums von Insekten und Vögeln, schließlich zu einer Abwertung der Kommunen. Ist das in der kommunalen Verwaltung und in den Stadtrats-Mehrheiten angekommen? Als RBN sind wir da skeptisch, wenn wir die vielen Aktivitäten wie FNP Bergisch Gladbach, Industriegebiet in Kürten – Spitze, ….. beobachten. Alle Kommunen sind auf dem gleichen verhängnisvollen Weg. Mit der baulichen Goldgräber-Stimmung werden die drängendsten Probleme unserer Zukunft nicht zu lösen sein: Fläche ist nun einmal endlich!
Werden auch Sie aktiv und kämpfen für die Artenvielfalt direkt vor unserer Haustür, zusammen mit dem RBN !