RBN – Bauleitplanung muss nach Hochwasser komplett neu überarbeitet werden |
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Für eine völlige Neuorientierung der Bauleitplanungen in den Städten und Gemeinden des Rheinisch-Bergischen Kreises angesichts der Hochwasser- und Starkregenauswirkungen spricht sich der (Rheinisch)-Bergische Naturschutzverein (RBN) aus. Wie sich gezeigt habe, müsse die bisherige Planung, Wasser möglichst schnell in die vorhandenen Vorfluter, meist kleinere Siefen und Bäche, abzuleiten, grundlegend überprüft und überarbeitet werden. Gerade die schmalen Bäche schwollen zu meterbreiten Fluten an, hatten keinen Platz in den engen Tallagen, sich auszubreiten, was zwangsläufig zu noch schnelleren Abflüssen führte. Die größeren Flüsse wie Dhünn, Sülz und Agger aber waren aufgrund ihrer beengten Lage nicht imstande, die erheblichen Wassermassen aufzunehmen. „Wir müssen die immer stärker um sich greifende Versiegelung drastisch herunterführen und in den Bach- und Flusslagen vorhandene Grünflächen so ausgestalten, dass sie Wasser in großem Maße zurückhalten können“, fasst der RBN-Vorsitzende Mark vom Hofe die vorrangigen planerischen Aufgaben zusammen.
Parallel dazu müssten Bauvorhaben, die in gültigen Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen in von Überschwemmungen bedrohten Tal- und Flussbereichen genehmigt werden könnten, unverzüglich zurückgenommen werden. „Wir appellieren dabei beispielsweise an Rat und Verwaltung in Bergisch Gladbach, den gerade aufgestellten Flächennutzungsplan vor diesem Hintergrund nicht nur zu überprüfen, sondern entsprechend zu ändern – Beispiele, wo neu gedacht werden muss, sind die Schlodderdeichs Wiese in Gronau, wo nahezu eine komplette Aue in unmittelbarer Nähe der Strunde überbaut werden soll, ebenso aber auch das Wachendorff-Gelände sowie letztendlich auch das Zanders-Gelände, das gerade wegen seiner Neustrukturierung im Strundebereich jetzt die Chance bietet, großflächig an Retentionsräume zu denken“, fordert der RBN-Vorsitzende.
Es sind aber nicht nur die Bebauungspläne, die Sorge bereiten; genauso gravierend sind die Einzelbauvorhaben in Baulücken in Gebieten, in denen es keinen Bebauungsplan gibt. Die Vergangenheit zeige, dass, wo früher Einfamilienhäuser standen, großflächige Bauvorhaben umgesetzt wurden mit etlichen Wohnungen, Tiefgarage und „pflegeleichtem“ asphaltierten, gepflastertem Umfeld, das die Möglichkeit, Wasser versickern zu lassen, kaum noch darstelle. Jedes Grün, ob Baum, Rasen oder Blühwiese, so der RBN, nimmt Wasser auf, führt es nicht in den nächsten Kanal oder Bach ab. „Deshalb muss der Versiegelungsgrad gravierend zurückgefahren werden – Dachbegrünungen können dabei etwas helfen, noch erheblich mehr allerdings der Verzicht darauf, alles zu pflastern und selbst die Pflanzen im Vorgarten noch in ein Schotterbett mit Folie drunter zu pressen!“
Nicht unerwähnt lassen will der RBN seine erheblichen Bedenken gegen die Überlegungen, in Herrenstrunden im Bereich der Strunde Neubauten an der Malteser-Komturei zu errichten. Als Ende des letzten Jahres in einem Bebauungsplanverfahren die Bauabsichten, statt der vorhandenen Reithalle vier Wohneinheiten zu bauen, bekannt wurden, forderte der Verein in einer Stellungnahme eine konsequente Offenlegung der Strunde mit Randstreifen auf beiden Seiten und eine völlige Beibehaltung der Teichfläche, die nichts anderes als der historische Burggraben ist. Nachdem bei dem Hochwasserereignis vor drei Wochen auch die Komturei im Eingangsbereich unter Wasser stand, stellt sich für den Verein hier die Frage, wie sich diese neue Sachlage auf die Bauabsichten auswirkt: „Es ist die klassische Frage: Kann vor der Wahrscheinlichkeit, dass es zukünftig immer häufiger Starkregenereignisse gibt mit stundenlangem Dauerregen, noch in von Überflutungen bedrohten Bereichen gebaut werden? Wo kommen die erforderlichen Retentionsflächen her, müssen sie nicht direkt in den Bachlagen ausgewiesen werden, um dort so viel Wasser wie möglich zurückzuhalten? Müssen darüber hinaus die Kanäle im Untergrund noch viel breiter werden, etwa wie in der Bergisch Gladbacher Innenstadt mit bis zu vier Metern Durchmesser?“, fragt der RBN und sagt klar und eindeutig, dass die bisherige Praxis, wie sie besonders gern in Odenthal, Overath und Kürten angewandt wurde, nicht mehr haltbar ist, nämlich dass die Regenwasserableitung der Neubausiedlungen nahe am nächsten Siefen erfolgte und damit ein wesentlicher Grund dafür sind, dass manchmal nur periodisch wasserführende Bachläufe plötzlich drastisch anschwellen und weitere zufließende Wassermassen nicht mehr aufnehmen können: Das traf im Bergisch Gladbacher Stadtgebiet beispielsweise auf die von Herkenrath herunterkommenden Asselborner Bach und Hombach zu, die meterbreit wurden und all das, was in den Siedlungen oberhalb aus den Straßenabwässern eingeleitet wurden, nicht mehr aufnehmen konnten, dafür die Straße nutzten und letztlich zu den Fluten im Strundetal führten.
Der RBN fordert, dass beispielsweise die Stadt Overath, die ihren Flächennutzungsplan neu aufstellen will, diesen Erkenntnissen Rechnung trägt und im Sülz- und Aggertal flussnahe Flächen keiner weiteren Bebauung zuführt. Dazu zählt insbesondere die Talaue zwischen Untereschbach und Lehmbach, die konsequent freigehalten werden muss und stattdessen als Bereich, der als Retentionsraum dient mit Mulden und Vertiefungen, mithilft, Hoffnungsthal und Rösrath nicht wieder absaufen zu lassen.
Gleiches gilt für Rösrath, das bei allen anstehenden Planungen, etwa der Neuauflage des Landschaftsplans für Bergisch Gladbach und Rösrath der Versuchung widerstehen sollte, im Sülzbereich weitere Flächen für Wohnen oder Gewerbe auszuweisen. Das gilt für Bereiche in Lehmbach, wo in Sülznähe „noch was gehen könnte“ genauso wie für eine Umwidmung der Erweiterungsfläche des Volberger Friedhofs wie für Lagen kurz vor der Lohmarer Stadtgrenze. „Selbst wenn diese Flächen nicht überschwemmt waren – sie neu zu versiegeln, würde das Grundproblem nur verstärken und falsche Signale setzen“, so der RBN.
Vor dem Hintergrund der Überschwemmungen der Dhünn in Altenberg und Odenthal sieht sich der Verein in seiner äußerst kritischen Haltung zu Überlegungen gestärkt, denen zufolge im Odenthaler Ortskern Terrassen an der Dhünn angelegt werden könnten. Jegliche Form der baulichen Eindämmung von Flüssen oder Bächen führten zu einem schnelleren Abfluss, was zu Lasten der Unterlieger gehe, aber keinerlei Abhilfe bei der dringlichen Ausweisung von Retentionsflächen schaffe. Deshalb lehne der RBN jegliche Baumaßnahmen an der Dhünn sowie in Dhünnnähe ab, da alle neuen Versiegelungen das Überschwemmungsproblem steigerten – im Bereich der umstrittenen Ponywiese hatte auf mögliche Auswirkungen im Bauleitplanverfahren die Untere Wasserbehörde nachdrücklich hingewiesen.
Fazit für den RBN:
- Überschwemmungsgebiete müssen neu ausgewiesen und anschließend ernst genommen werden.
- Bebauungspläne und Baugenehmigungen müssen Regelungen treffen, die die Versiegelung drastisch einschränken und verbindlich offene Flächen ausweisen, um das Wasser dem Boden zuzuführen.
- Grundsätzlich müssen in den Straßenkörpern und unter den Parkflächen gewaltige Rückhaltebecken oder Staukanäle eingebaut werden, um das Regenwasser dosiert an die Vorfluter abzugeben.
- Gleichfalls müssen in den Bach- und Tallagen natürliche Retentionsflächen festgesetzt werden.